KP Magazin

Organisationale Resilienz

Geschrieben von Prof. Dr. Daniel Keller | 21.3.2024

Krisen bewältigen, Chancen meistern 

 

Liebe Leserinnen und Leser,

stellen Sie sich vor, Sie segeln auf ruhigem, offenem Meer. Plötzlich ziehen dunkle Wolken auf, der Wind pfeift und die Wellen werden immer höher. Wie reagieren Sie? Passen Sie die Segel an, um den neuen Bedingungen gerecht zu werden, oder warten Sie ab und hoffen, dass der Sturm vorüberzieht?

Denken Sie jetzt an Ihre Organisation: Erinnern Sie sich an das letzte Mal, als sie von einer Krise getroffen wurde? Waren Sie wie das Segelboot, mit plötzlichen Herausforderungen konfrontiert? Vielleicht war es die Pandemie oder interne Herausforderungen, die Ihnen gerade in den Sinn kommen. Wurden Sie dabei von den Wellen überrollt, hatten Sie das Ruder fest in der Hand oder haben Sie immer wieder Wasser aus dem Boot herausschöpfen müssen?

Krisen sind 'normal'. Es geht darum, wie wir sie bewältigen. Organisationale Resilienz ist dabei eine Meta-Kompetenz. Denn das Ziel einer jeden Organisation darf sein, nicht nur gerade eben so zu überleben, sondern aus Krisen gestärkt hervorzugehen. Also lebensfähiger = adaptiver zu werden.

 

In diesem Blogbeitrag widmen wir uns dem Thema Organisationale Resilienz.
Wir möchten mit Ihnen gemeinsam überlegen, was genau darunter zu verstehen ist und welche Ansatzpunkte und Handlungsfelder betrachtet werden können, um auch bei der nächsten Krise souverän(er) das Ruder in der Hand zu behalten. Erfahren Sie, wie Sie eine resiliente Organisation aufbauen und welche Schritte Sie dafür gehen können.

 

Kaum etwas ist heutzutage so sicher wie die Unsicherheit

Veränderung ist das Einzige, was als sicher gelten kann. Die dynamische Natur der VUCA-Welt – Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität – stellt Unternehmen vor zahlreiche Herausforderungen, getrieben von Digitalisierung, Globalisierung und gesellschaftlichem Wandel.

Die meisten von Ihnen gähnen jetzt vielleicht, denn diese Aussagen werden in gefühlt jedem zweiten Beitrag und Social Media-Posting verarbeitet. Viel spannender als die Analyse ist, wie Sie mit diesen Themen umgehen könnte. Herausforderungen dieser Art sind oft neuartig und unvorhersehbar, was ihre Bewältigung erschwert. Doch für Unternehmen ist es entscheidend, sich nicht nur mit dem Konzept der Organisationalen Resilienz auseinanderzusetzen, sondern diese auch zu leben. Denn sie ermöglicht es Organisationen, nicht nur, agil und flexibel auf Krisen zu reagieren, sondern sie auch als Gelegenheiten zur Verbesserung zu nutzen.

 

Gemäß der ISO-Norm 22316, einem weltweit anerkannten Standard der Internationalen Organisation für Standardisierung (ISO), definiert sich organisationale Resilienz als die Fähigkeit einer Organisation, Herausforderungen abzuwehren, sich an veränderte Umstände anzupassen und ihre Ziele zu erreichen, zu überleben und zu wachsen. Organisationen mit dieser Fähigkeit können sowohl Risiken als auch Chancen aus plötzlichen oder schrittweisen Veränderungen im internen und externen Umfeld voraussehen und effektiv darauf reagieren. 

 

Stellen Sie sich vor, Ihre Organisation könnte nicht nur jede Krise bewältigen, sondern gestärkt daraus hervorgehen: Weniger Ausfallzeiten, eine gesteigerte Teambindung und ein Wettbewerbsvorteil in unsicheren Zeiten. Dies bedeutet nicht nur Einsparungen von Geld und Zeit, sondern auch mehr Stabilität und Zufriedenheit für Sie und Ihre Mitarbeiter.

Organisationale Resilienz beruht nicht nur auf Strukturen und Prozessen, sondern auch auf der inneren Einstellung der Führungskräfte und aller Mitarbeiter. Mitarbeiter, die individuell gut mit Belastungen umgehen können, sind im Krisenfall eine unschätzbare Ressource für Ihre Organisation.

 

Doch wie können sich Organisationen in Krisenzeiten selbst stärken und schützen?

Basierend auf umfangreichen Forschungen und Fallstudien hat die Internationale Organisation für Standardisierung (ISO) mit der Norm ISO 22316 einen Leitfaden entwickelt, der neun zentrale Handlungsfelder identifiziert. Diese Empfehlungen zielen darauf ab, Organisationen dabei zu unterstützen, ihre Resilienz gezielt zu fördern. 

Wir nehmen diese Punkte als Orientierungsmarker und ergänzen Sie aus einer General Management-Perspektive. Dabei fügen wir ebenfalls die Erfahrungen aus unserer Projektarbeit bei KellerPartner ein.




  1. Entwickeln Sie eine gemeinsame Vision und klare Ziele: Bemühen Sie sich, innerhalb Ihrer Organisation eine gemeinsame Business Mission und klare Ziele zu entwickeln. Es ist entscheidend, dass diese Mission und Ziele von allen Ebenen verstanden und geteilt werden.
  2. Erlangen Sie ein umfassendes Verständnis Ihres Umfeldes: Investieren Sie Zeit und Ressourcen, um sowohl die internen als auch die externen Systeme Ihrer Organisation zu verstehen. Dieses Wissen ermöglicht Ihnen, proaktiv auf Veränderungen zu reagieren und Ihr Umfeld positiv zu beeinflussen. Es geht hierbei nicht um Vollständigkeit, sondern um Mustererkennung. Ansonsten laufen Sie Gefahr, sich zu sehr in Details zu verlieren.
  3. Trainieren Sie wirksame Führung: Kontinuierliche Verbesserung durch permanentes Trainieren der Basics ist genauso wichtig wie eine leistungsorientierte Ausrichtung der Organisation. Dabei ist die kleinste Keimzelle der Wirksamkeit die Selbstführung. Das bedeutet auch: Leben Sie das vor, was Sie von individueller Resilienz verstanden haben und ermutigen Sie Ihr Team, sich ebenfalls um die eigene körperliche wie mentale Resilienz zu kümmern. Ein möglicher Schritt kann sein, Aufgaben, Werkzeuge und Prinzipien wirksamer Führung auf verschiedenen Ebenen der Organisation zu etablieren, immer wieder zu trainieren und die Organisation daran zu messen. Eine Orientierung bietet dabei das St. Galler Management-Modell in seiner erweiterten Fassung.
  4. Schaffen Sie eine resilienzfördernde Unternehmenskultur: Arbeiten Sie an der Etablierung von Werten und Überzeugungen, die die Resilienz fördern. Dies umfasst die Förderung einer positiven Einstellung zu Herausforderungen, die Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen, und die Förderung eines unterstützenden Umfelds. Wichtig ist, nicht (nur) über Resilienzfördernde Kulturmuster zu sprechen, sondern Schritt für Schritt dafür zu sorgen, dass eine Unternehmenskultur entsteht, die resilient ist. Dabei spielen die jeweiligen Führungskräfte eine entscheidende Rolle.
  5. Fördern Sie den internen Austausch von Informationen und Wissen: Schaffen Sie Strukturen, die einen leichten Austausch von Informationen und Wissen innerhalb Ihrer Organisation ermöglicht. Dies hilft, aus Erfahrungen zu lernen und fördert eine Kultur des gemeinsamen Lernens. Entscheidend ist nicht nur das leichte, kontextbasierte Auffinden von steuerungsrelevanten Informationen, sondern der Austausch darüber, wie etwas wirksam angewandt werden kann. Es reicht nicht aus, sogenannte Best-Practice-Sharings auf Basis eines liebevoll kuratierten PowerPoint-Slide-Decks zu erstellen. Vielmehr geht es um Training und Feedback, wie dieses Wissen anzuwenden ist.
  6. Sichern Sie die Verfügbarkeit von Ressourcen: Gewährleisten Sie die Verfügbarkeit und den Zugang zu kritischen Ressourcen, die für die Aufrechterhaltung und Stärkung Ihrer organisationalen Resilienz erforderlich sind. Dies beinhaltet qualifizierte Mitarbeiter, Technologie, Informationen und finanzielle Mittel.
  7. Koordinieren Sie einzelne Organisationsbereiche: Identifizieren und fördern Sie Bereiche, die zu einer resilienten Organisation beitragen. Fördern Sie die Zusammenarbeit zwischen diesen Bereichen, um gemeinsame strategische Ziele zu verfolgen.
  8. Evaluieren und bewerten Sie regelmäßige Ihre Prozesse: Implementieren Sie Prozesse zur regelmäßigen Bewertung und Reflexion der erzielten Ergebnisse. Nutzen Sie die gewonnenen Erkenntnisse, um Verbesserungspotenziale zu identifizieren und umzusetzen.
  9. Antizipieren Sie Veränderungen: Entwickeln Sie Mechanismen zur frühzeitigen Erkennung zukünftiger Veränderungen in Ihrem Umfeld. Durch proaktives Management dieser Veränderungen können Sie Risiken minimieren und Chancen nutzen.

 

Durch das kontinuierliche Arbeiten an und mit diesen Maßnahmen stärken Sie die Resilienz Ihrer Organisation erheblich und können sich wirksamer auf Herausforderungen vorbereiten. 

Wie wäre es mit einer organisationalen Inventur?
Wo steht Ihr Unternehmen in Bezug auf die neun Schlüsselbereiche?
Wie haben Sie in der Vergangenheit auf unerwartete Herausforderungen reagiert?
Was lief gut (= wirksam) und wo gab es Schwierigkeiten?

Natürlich ist organisationale Resilienz kein einmal erreichter Zustand, sondern darf kontinuierlich überprüft und gefördert werden, um für zukünftige Krisen gerüstet zu sein.Betrachten Sie organisatorische Resilienz als eine nicht endende Reise, einen Prozess kontinuierlicher Anpassung. Im Grunde ist es kontinuierliches Training: Tag für Tag. Woche für Woche. Monat für Monat.

Rabea Seiler mit Prof. Dr. Daniel Keller für KellerPartner

Wir unterstützen Sie auf Ihrer Reise.

Die Förderung einer widerstandsfähigen und belastbaren Organisation betrachten wir bei KellerPartner als eine entscheidende Verantwortung des Top Managements. Unser ganzheitliches Engagement in diesem Bereich manifestiert sich durch unser Programm "Resiliente Organisation", um Sie und Ihre Organisation auf diesem Weg nachhaltig zu begleiten. Darüber hinaus bilden wir interne Resilienzbegleiter aus und bieten Mitarbeitertrainings und e-Learning-Module für Resilienz und Achtsamkeit an.

Unser Ziel ist es, Ihre Organisation langfristig unabhängig und kraftvoll zu positionieren.

Modul Resilienz
Modul Achtsamkeit wirksam leben

 

Bildquelle: Foto von Boba Jovanovic auf Unsplash