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Alexander Noß1.2.2018

Die Kunst des Feedbacks

Feedback als wertvolle Ressource

 

Liebe Leserinnen und Leser,

Wir alle erhalten und erleben ständig Reaktionen unserer Umwelt — also Feedback. Manchmal vielleicht ein fragendes Achselzucken, ein dankbarer Blick oder doch die verdrehten Augen eines genervten Gegenübers.

  • Feedback ist eine wertvolle Ressource

Es steht uns frei, diese oft nur körpersprachlichen Reaktionen unserer Mitmenschen als wertvolle Signale zu begreifen, zu interpretieren und unser zukünftiges Verhalten daran auszurichten. Bisweilen werden Vorschläge zur persönlichen Weiterentwicklung auch explizit ausgesprochen. Meist sind das gut gemeinte Ratschläge, die die beabsichtigte Verhaltensänderung beim anderen dennoch oft verfehlen. Sie erfüllen nicht alle Voraussetzungen einer guten und wirksamen Rückmeldung:

Im besten Fall wird eine Fehleinschätzung über das eigene Verhalten aufgedeckt und die Rückmeldung dabei so dargeboten, dass sie auch vom Empfänger akzeptiert und dabei aufgrund ihrer Klarheit einfach verstanden und umgesetzt werden kann.

 

  • Erhebung des Fremdbildes

Unternehmen und Organisationen haben die Macht einer Feedbackkultur erkannt und generieren zur Optimierung interner Prozesse Daten. Sie kartographieren bisweilen regelrecht akribisch die Reaktionen der Umwelt auf ihre Angebote und den Erfolg ihrer Mitarbeiter. Oft fließen persönliche, explizite Rückmeldungen aus allen Richtungen: von Vorgesetzten, Kollegen und Kunden. Auch wenn die konkrete Ausgestaltung variiert, ob anonym, teilanonym, für Einzelne oder die ganze Teamleistung:

Der Zweck ist, vergangene Leistungen und persönliche Kompetenzen von Führungs- oder Fachkräften aus verschiedenen Perspektiven und möglichst objektiv abzubilden, um ein umfangreich fundiertes Fremdbild zu generieren.


Dieses Fremdbild wird dann mit dem Selbstbild verglichen: Wie sehe ich das Produkt, das ich verkaufen will? Wie schätze ich die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen ein, gerade im Umgang mit unterschiedlichen Hierarchieebenen in der Organisation? Das Fremdbild kann das Selbstbild entweder bestätigen oder hierzu im Widerspruch stehen — dann wäre ein blinder Fleck aufgedeckt. Feedback leistet so eine Überprüfung der inneren Vorstellung des Mitarbeiters über sich selbst und liefert bei Widersprüchen Anhaltspunkte zu möglichen Entwicklungsrichtungen.

  • Gezielte Rückmeldungen führen zu persönlicher Entwicklung

Ein Segen also dem Feedback, je mehr, desto besser? Die häufige Bitte um Feedback gilt inzwischen als Standardfloskel der angeblich anspruchsvoll zu führenden Generation Y — bisweilen zum Leidwesen ihrer Personalverantwortlichen. Unglücklicherweise hilft viel Feedback nicht immer viel — es kommt eben auch auf die Darbietung und den gezielten Einsatz an. So haben empirische Untersuchungen bestätigt, dass der Einsatz des Instruments allein nicht automatisch zur Weiterentwicklung der Führungskraft führt. Sprich:

Eine simple Konfrontation mit dem Fremdbild reicht nicht aus, da persönliche Veränderung und Weiterentwicklung nicht auf Knopfdruck oder auf Anordnung funktioniert, sondern eigenen Wirkgesetzen unterliegt.

Diese Möglichkeiten gezielt zu nutzen, wird bei dem enormen statistischen Aufwand umfangreicher Erhebungen dann jedoch auf der Zielgeraden oft vernachlässigt.

Denn: Uns selbst muss nach unserem inneren Verständnis das Gras anderswo grüner erscheinen, erst dann verlockt es uns zur Veränderung. Ein Entwicklungswunsch setzt also zunächst überhaupt ein Bewusstsein für Verbesserungsmöglichkeiten voraus. Dieses Bewusstsein kann nun bei Konfrontation mit dem Feedback entweder entstehen oder nicht. Allein, aus nackten Zahlen entsteht es selten: zu hartnäckig diktiert uns unser Selbstbild manchmal die „eigentlich richtige“ Deutung. Veränderung bedarf häufig der Unterstützung eines entwicklungsbereiten menschlichen Gegenübers.

  • Rückmeldung, die etwas bewirkt — oder nicht

Betrachten wir als Beispiel erneut die Führungskraft: Wenn diese bisher dachte, sie agiere im Umgang mit Mitarbeitern doch stets ausgewogen — und im Übrigen handele es sich bei den vereinzelten, aber hartnäckigen Beschwerden nur um das Gejaule von arbeitsunwilligen Faulenzern — wird sie mit einem abweichenden Fremdbild konfrontiert.

Sie startet im besten Fall einen Reflexionsprozess, z.B. über die fast verdoppelte Vertriebsleistung des ehemaligen Mitarbeiters nach dem Abteilungswechsel. Sie beginnt, sich für die dahinterliegenden, eigenen Verhaltensweisen und zukünftige, konkrete Alternativen zu interessieren.

Im schlechten Fall denkt der Adressat des Feedbacks, die Entwicklung habe doch nichts mit der eigenen Führungsleistung zu tun, die Chemie mit dem Mitarbeiter habe halt nicht gestimmt — und entledigt sich so mit leichter Hand der eigenen Verantwortungsanteile für das Geschehene.

  • Die Haltung entscheidet

Wie diese Konfrontation mit dem Fremdbild ausgeht, ob das Feedback also angenommen wird, ist vor allem von seiner Darbietung durch den Feedbackgeber abhängig. Eine erlernbare Kunst für sich, die nichts zu tun hat mit der elektronischen Zusendung der Computerskalen vom Abgleich des Fremd- und Selbstbildes, um „nächste Woche dann mal drüber zu sprechen“.

Erforderlich bei jeder Art von Rückmeldung ist, dass der Rahmen ohne Leistungsdruck auch die persönliche Annahme ermöglicht. Es könnte also in einem zugewandten Gesprächsrahmen ohne Zeitdruck um die Entwicklungsmöglichkeiten eines spürbar persönlich geschätzten Mitarbeiters gehen — nicht um Bestrafung oder die Optimierung von Leistungskennzahlen, Kontrolle und Abrechnung vergangener Fehler.

  • Gegenstand des Feedbacks

Auch verleitet ein großer Umfang von Daten gern zu umfangreichen Optimierungsvorschlägen gleich an diversen Baustellen, die dem Feedbackgeber — natürlich auch nur vor dem Hintergrund seines Selbstverständnisses — so auffallen. Dabei wäre gerade in emotional aufgeheizten Zeiten eine klare Botschaft im Sinne einer eindeutigen Entwicklungsrichtung hilfreich. Sinnvoll für den Feedbackgeber ist hier das Vorgehen nach dem Engpassprinzip bei der Gesprächsvorbereitung: Wo ist der imaginäre Flaschenhals, der momentan die Leistungserbringung am stärksten hindert? An welcher Stelle wäre der Nutzen persönlicher Weiterentwicklung des Empfängers für die Organisation jetzt maximal?

Erfolgreiche Veränderung unterliegt neben der Haltung auch sprachlich-verbalen Wirkgesetzen, die Feedback leicht annahmefähig machen: Entwicklung geschieht für konkret bezeichnete Situationen, weniger für ein „immer, ständig, nie“! Zu konkreten Situationen ist aus offener, unterstützungsbereiter Haltung punktuelles, intensives Feedback Entwicklungsdoping für die Zukunft. Oft hilft das so beim Empfänger neugeschaffene Bewusstsein schon viel — und für schnelle Resultate kann mit Unterstützung intensiver angesetzt werden: sei es durch Maßnahmen fachlicher Fortbildung, Training oder individuelles Coaching.

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Alexander Noß für Keller Partner

 

Bildquelle: Foto von Freepik

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