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Blog Dream
Prof. Dr. Daniel Keller28.7.2020

I have a dream!

Inspiration durch charismatische Führung 

 

Liebe Leserinnen und Leser,

im Jahr 2014 gab es beim Tech-Riesen Microsoft eine große Veränderung: Sadya Nadella wurde neuer CEO des Unternehmens und musste in die großen Fußstapfen von Steve Ballmer und Bill Gates treten. Seit Beginn seiner Tätigkeit als CEO stieg die Aktie von Microsoft um viele Prozentpunkte an und das Unternehmen verzeichnet anhaltenden Erfolg. Schaut man sich Videos von Nadella an, beispielsweise von Keynotes oder auch Interviews, ist dies mit verschiedenen Emotionen verbunden: Er wirkt auf die Zuschauer sympathisch, lustig und seine Anekdoten fesseln deren Aufmerksamkeit. Unter den Videos liest man häufig Kommentare wie: „Dieser Mann ist wirklich inspirierend.“ oder „Dieser Typ ist so cool!“. Warum ist das so?

Die einfache Antwort darauf lautet: Weil er charismatisch ist. Nadella gewinnt seine Autorität nicht durch seine Position, nein, er ist in dieser Position, weil andere ihn dort haben MÖCHTEN. Dies ist der Fall bei allen charismatischen Anführern, sei es im Positiven wie im Negativen. Ein weiteres aktuelles Beispiel für eine charismatische Führungskraft ist Elon Musk, der leicht exzentrische CEO von Tesla. Historisch gesehen sind Figuren wie Mahatma Gandhi oder Martin Luther King charismatische Anführer gewesen.

Alle diese Menschen haben gewisse Eigenschaften, die ihr Charisma ausmachen. Doch was verstehen wir überhaupt unter Charisma? Historisch gesehen stammt der Begriff aus der Religionswissenschaft und bezeichnet besondere, „von Gott kommende“ Gaben, die einem Menschen innewohnen und ihn ausmachen.

Im heutigen und sozialwissenschaftlichen Sinn verstehen wir Charisma als Konglomerat bestimmter Eigenschaften, die einem Menschen zugeordnet werden können und die bewirken, dass andere Menschen zu diesem aufsehen und ihn als inspirierend wahrnehmen.


Inspiration ist hier das Stichwort. Vergleichen wir die oben genannten Führungspersönlichkeiten, ist genau dies die Gemeinsamkeit, die alle verbindet: Sie inspirieren Menschen und vermögen es daher, diese fernab von institutionell gegebener Autorität zu führen. Charisma wird attributional vergeben, d.h. es wird einem Menschen von anderen Menschen zugeschrieben. Nur wer von anderen als charismatisch wahrgenommen wird, zeigt wirklich charismatische Eigenschaften.

In der Führungsliteratur verstehen wir diese Art von Führung als sogenannte charismatische Führung (Conger, 2011). Conger und Kanungo (1999) grenzen charismatische von nicht-charismatischen Führungskräften auf drei Ebenen ab:

1. Charismatische Führungskräfte stellen den Status Quo stets in Frage und sind sehr sensitiv für schlecht genutzte Chancen und umweltbezogene Hindernisse beim Erreichen exzellenter Ergebnisse. Dabei haben Sie ein feines Gespür für die Bedürfnisse und Fähigkeiten ihrer Geführten.

2. Sie haben stark ausgeprägte kommunikative und artikulatorische Fähigkeiten und nutzen diese, um eine überzeugende und inspirierende Zukunftsvision zu vermitteln.

3. Sie verwenden innovative und unkonventionelle Methoden, um ihre Vision zu erreichen und verfolgen diese konsequent. Dabei gehen sie selbst mit gutem Beispiel voran und nehmen auch Risiken in Kauf, was auf die Geführten stark imponierend wirkt.

In der Wissenschaft konnte empirisch gezeigt werden, dass charismatische Führung stark positiv mit dem sogenannten Organizational Citizenship Behaviour (OCB) zusammenhängt (Babcock-Roberson & Strickland, 2010). Dies bezeichnet übervertragliches Engagement der Mitarbeitenden zugunsten des Unternehmens, also Arbeit und Engagement, die eigentlich gar nicht geleistet werden müssten. Dies belegt die inspirierende Wirkung charismatischer Anführer.

Mit den gängigen Führungsmodellen vertraute Lesende werden spätestens jetzt die Parallelen zwischen der charismatischen Führung und der transformationalen Führung bemerkt haben. Antonakis (2011) benannte seinen Übersichtsartikel treffenderweise „Transformational and charismatic leadership“. Er geht hier darauf ein, dass Charisma die emotionale Komponente der Führung darstellt. Trotz dieser Parallelen zwischen den Konstrukten ist davon auszugehen, dass beide voneinander distinkt sind und auch unabhängig voneinander betrachtet werden können.

Wir kommen also zu dem Ergebnis: Charismatische Führung wirkt! Nun stellt sich die Frage, ob man als charismatischer Anführer geboren wird, oder ob man dieses Führungsverhalten vielleicht auch erlernen kann? Aufschluss darüber kann eine Studie von Antonakis, Fenley und Liechti (2011) geben: Dabei wurden in einem Experiment Teilnehmende in charismatischen Verhaltensweisen trainiert und mussten jeweils einmal vor und nach dem Training einmal eine Rede halten, in der sie eine inspirierende Vision bestmöglich kommunizieren sollten. Nach dem Training wurden die Teilnehmenden signifikant und mit großer Effektstärke charismatischer eingeschätzt als vorher. Auch wenn hier nur die Ergebnisse aus einer Studie benannt sind, können wir festhalten, dass es Hinweise darauf gibt, dass charismatisches Verhalten sehr wohl trainierbar ist.

Mitnehmen kann man daraus, dass charismatische Führung kein rein angeborenes Phänomen darstellt. Zwar haben es manche Menschen von Geburt an etwas leichter, im Grunde genommen kann durch Übung und Selbstreflexion aber jeder zum nächsten Nadella oder Gandhi werden. Hinterfragen Sie dafür Ihre Außenwirkung und die Art und Weise wie Sie kommunizieren: Habe ich eine klare Vision? Ist diese realistisch? Kann ich diese auch inspirierend und klar ausdrücken? Gehe ich mit gutem Beispiel voran? Und habe ich dabei auch die Bedürfnisse und das Können meiner Mitarbeitenden im Blick?

Wir bedanken uns für Ihr Interesse und wünschen viel Erfolg beim Entdecken Ihres eigenen Charismas.

Nicholas Neis-Forster für das Keller Partner Team

 

Bildquelle: Foto von Bild von Greg Reese auf Pixabay

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