Warum Reibung oft besser ist als Harmonie
Liebe Leserinnen und Leser,
Diversität gilt heute als ein Schlüssel zum Erfolg, das hat sich herumgesprochen. Unterschiedliche Perspektiven, Sichtweisen und Erfahrungen im Team schaffen die Grundlage für bessere Ideen, fundiertere Entscheidungen und letztlich mehr Innovation.
Doch wer schon mal in einem solchen Team gearbeitet hat, weiß: So schön und inspirierend die Vielfalt auch ist, so herausfordernd kann die Zusammenarbeit sein. Denn paradoxerweise fühlen sich diverse Teams trotz besserer Ergebnisse häufig weniger harmonisch und sicher.
Ich persönlich bin kein Freund des Kuschelkurses, der Konflikte vermeidet und Harmonie mit Qualität verwechselt. Im Gegenteil: Ich begrüße es, wenn in meinem Team konstruktiv gestritten, unterschiedliche Sichtweisen offengelegt und sich dabei nicht gegenseitig als Person angegriffen, sondern sich auf die Sache konzentriert wird. Das Ergebnis ist nicht nur ein intensiverer Diskurs, sondern oft auch ein besseres Ergebnis. Und das Beste daran: Im Idealfall können die Teammitglieder danach gemeinsam essen gehen und respektvoll miteinander umgehen.
„Reibung ist kein Fehler, sondern ein Motor für echte Qualität.“ |
Man muss schon ein fortgeschrittenes Training in Gleichmut haben, um diverse Teams zu führen.
Verschiedene Menschen bringen verschiedene Sichtweisen mit, äußern sich zu unterschiedlichen Themen mit ganz unterschiedlichen Standpunkten. Manchmal denke ich, wie kriegt man diesen „Haufen“ nur ausgerichtet auf ein gemeinsames Ziel? Eine Erkenntnis, die ich über die Jahre gewonnen habe: Du musst zuerst lernen, diese Diversität auszuhalten. Erst dann kannst du daran denken, wie man diverse Teams effektiv führt. Das Zulassen verschiedener Sichtweisen in der eigenen Herzenskammer ist Grundvoraussetzung für wirksame Führung heterogener Teams.
Warum ist das so wichtig? Homogene Gruppen neigen dazu, sich selbst zu bestätigen und kaum kritische Fragen zu stellen. Das ist ungefähr so, als stündest du in einem Bergtal, würdest etwas sagen und bekommst dieselbe Antwort zurück und meinst, der andere hätte tatsächlich das Gleiche geäußert. Deshalb ist es so wertvoll, aus dem eigenen Resonanzraum herauszutreten und andere Sichtweisen erst einmal anzuhören. Doch Vorsicht: Das ist gar nicht so einfach, weil neue Perspektiven oft unsere eigenen Glaubenssätze erschüttern, manchmal anstrengend sind und nicht immer sofort umsetzbar. Am Ende dieses teils steinigen Weges stehen aber deutlich bessere Ergebnisse.
Warum Diversität besser macht und gleichzeitig herausfordert
Die Ergebnisse verschiedener Studien sprechen eine klare Sprache: Teams und Organisationen mit vielfältiger Zusammensetzung treffen fundiertere und wirtschaftlich erfolgreichere Entscheidungen. Die McKinsey-Studie „Diversity Wins“ (2020) zeigt, dass Organisationen mit diverser Führungsebene signifikant besser performen als ihre Wettbewerber. Ebenso betont der Forbes-Artikel „Why Diversity Leads to Better Team Performance“ (2024), dass vielfältige Teams durch unterschiedliche Blickwinkel kreativer und entscheidungsstärker sind.
Die Links zu den beiden Studien finden Sie im Anschluss an diesen Artikel
Doch diese Vielfalt bringt eine Spannung mit sich, die nicht alle mögen. Während homogene Teams schneller zu einem Konsens kommen und sich harmonischer fühlen, erleben sich heterogene Teams häufiger als unsicherer und weniger „im Flow“. Das liegt daran, dass die Vielfalt der Meinungen mehr Diskussion, mehr Widerspruch und mehr Reflexion erfordert. Das kostet Zeit und Energie. Dieses Paradoxon ist kein Fehler im System, sondern seine eigentliche Stärke: Die „Reibung“ im Team ist der notwendige Nährboden für robustere und nachhaltigere Ergebnisse.
Die Untersuchungen zeigen zudem: Homogene Gruppen neigen dazu, Annahmen seltener kritisch zu hinterfragen, was zu Gruppendenken und blinden Flecken führt. Diverse Teams dagegen fordern sich gegenseitig heraus, bringen unterschiedliche Erfahrungen und kulturelle Prägungen ein und sind dadurch innovativer. Die kognitive Herausforderung, die das mit sich bringt, mag anstrengend sein, fördert aber auch die geistige Flexibilität und Problemlösungskompetenz.
Vorteile und Herausforderungen im Zusammenspiel
Der Nutzen diverser Teams ist klar: Höhere Innovationskraft, tiefere Reflexion und bessere wirtschaftliche Ergebnisse sprechen für sich. Gleichzeitig zeigt sich aber auch, dass diese Teams weniger harmonisch sind und Entscheidungsprozesse meist länger dauern. Wer vielfältige Perspektiven zulässt, nimmt bewusst in Kauf, dass Meinungsverschiedenheiten, Konflikte und Kommunikationsschwierigkeiten zunehmen. Verschiedene Hintergründe und unterschiedliche Erfahrungswelten können Missverständnisse begünstigen, die nach einem gezielten Umgang verlangen.
Deshalb ist Diversität im Team keine Selbstverständlichkeit, sondern eine Führungsaufgabe. Sie müssen bereit sein, Reibung nicht als Störung, sondern als Chance zu sehen. Sie sollten die nötigen Strukturen schaffen, die es ermöglichen, diese Spannungen konstruktiv auszutragen und daraus Stärke zu ziehen. Das kann bedeuten, klare Entscheidungsprozesse einzuführen, psychologische Sicherheit zu gewährleisten und eine Streitkultur zu etablieren, die sachliche Kritik fördert und persönliche Angriffe vermeidet.
Vielfalt bewusst nutzen
Was können Sie konkret tun, um das volle Potenzial diverser Teams auszuschöpfen? Hier ein paar Tipps:
- Stellen Sie Teams bewusst mit unterschiedlichen Kompetenzen, Hintergründen und Denkweisen zusammen. Nur so entstehen neue Perspektiven und Impulse.
- Ermutigen Sie Ihr Team zu offenen Diskussionen, sie sind nicht Zeichen von Schwäche, sondern Motor für Innovation. Sorgen Sie dafür, dass die Debatte respektvoll bleibt und nicht in persönliche Angriffe umschlägt.
- Menschen müssen sich trauen, ihre Meinung zu äußern, auch wenn diese unbequem ist. Ein Umfeld, in dem Fehler als Lernchance gesehen werden, stärkt das Vertrauen und fördert den Mut zur Offenheit.
- Vielstimmigkeit braucht klare Regeln. Setzen Sie auf transparente Prozesse und objektive Kriterien, die helfen, Konflikte zu lösen und Entscheidungen fundiert zu treffen.
- Vielfalt darf kein Trend sein, der kommt und geht. Verankern Sie Diversität als festen Bestandteil Ihrer Unternehmenskultur und sorgen Sie für kontinuierliche Weiterbildung und Entwicklung.
Fazit: Diversität ist kein Risiko, sondern Führungsaufgabe
Diverse Teams sind kein Selbstläufer. Sie sind komplexe Systeme, die gutes Management benötigen. Führung bedeutet hier vor allem: Unterschiedlichkeit nicht nur zu tolerieren, sondern bewusst zu ermöglichen. Reibung und Meinungsverschiedenheiten sind keine Fehler, sondern der Treibstoff für echte Exzellenz.
Ihr Daniel Keller
Übersicht zu interessanten Links:
- McKinsey-Studie „Diversity Wins“ (2020)
- Forbes-Studie „Why Diversity Leads to Better Team Performance“ (2024)
- Blogbeitrag „Harmonie im Team“
- Blogbeitrag „Was erfolgreiche Teamarbeit ausmacht“
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