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Prof. Dr. Daniel Keller2.6.2023

Harmonie im Team

Konflikte erkennen, einschätzen und bearbeiten

Liebe Leserinnen und Leser,

können Sie sich noch an die letzte, turbulente Situation an Ihrem Arbeitsplatz erinnern?  An das letzte Mal, dass Sie sich über etwas unglaublich geärgert haben, wie etwa das Verhalten einer Ihrer Kollegen? Oder als Sie unzufrieden über das Ergebnis einer Arbeit im Team waren, weil die interne Kommunikation zu wünschen übrig ließ?

Wie haben Sie sich in dieser Situation gefühlt und wozu hat dieses Gefühl Sie dann verleitet? Haben Sie Ihrer Frustration Raum gegeben, die Unzufriedenheit über die Arbeit Ihrer Kollegen direkt angesprochen? Oder merken Sie jetzt, wo Sie die Geschehnisse Revue passieren lassen, wie sehr Sie sich immer noch ärgern?

Wenn Menschen in Teams zusammenkommen, treffen viele unterschiedliche Charaktere, Wertvorstellungen und Arbeitsstile aufeinander. Gerade die Zusammenarbeit im Team ist vielfältig und geprägt durch Kommunikation, individuelle Perspektiven und Fähigkeiten. Da ist es nur natürlich, dass es zuweilen turbulent wird: Da wird die Inhaltsebene verlassen, wallen Emotionen lebendig durch den Raum und die wirksame Zusammenarbeit, sie stoppt vorübergehend. Damit stehen Teams hin und wieder vor Herausforderungen und Konflikte entstehen.

In diesem Beitrag wollen wir Sie dafür sensibilisieren, wie Sie mit Konflikten am Arbeitsplatz umgehen können, wie diese verlaufen und – noch einen Schritt weiter – wie Sie diese auch als Chance zur Weiterentwicklung sehen können.

Konflikte mit Kollegen anzusprechen, ist nicht immer einfach. Oftmals sind wir verärgert, emotional darin verwickelt und auch als Führungskraft fehlt uns nicht selten das nötige Werkzeug, mit solchen Situationen umzugehen. Vielleicht denken Sie auch manchmal: „Das wird sich schon von selbst regeln.“ oder trauen sich schlichtweg einfach nicht, mit Ihren Kollegen oder Mitarbeitern über ein turbulentes Geschehen ins Gespräch zu gehen. Denn dass das nicht die Lösung des Problems darstellt, können Sie sich sicherlich denken.

Das Modell der Fieberkurve von Christoph Thomann visualisiert Ihnen, was passiert, wenn Konflikte nicht geklärt werden und wie sich diese im weiteren Verlauf entwickeln:

Bild

Quelle: Klärungshilfe, Konflikte im Beruf (Thomann, 2004)

Bei „gesunden“ 36 Grad sehen Sie ein Kommunikationsquadrat. Bei normaler und erfolgreicher Zusammenarbeit zwischen Menschen ist die Sachebene unproblematisch und wird nicht durch „Stiche“ der Beziehungsebene beeinträchtigt. Störungen auf der Beziehungsebene können zu Komplikationen auf der Sachebene führen. Haben Sie zwischenmenschlich Probleme mit einem Mitarbeiter, wirkt sich dies negativ auf die Zusammenarbeit aus. Werden diese Probleme nicht schnellstmöglich geklärt, steigt der Konflikt, die „Fieberkurve“ an. Kleine und mittlere Anfeindungen, Nadelstiche und Kritik sammeln sich an, bis die Kurve eine imaginäre Grenze (37 Grad) überschreitet. Ab diesem Zeitpunkt handelt es sich um einen latenten Konflikt. An diesem Punkt sind Sie emotional in den Konflikt verstrickt, wütend, vielleicht verletzt. Jedes weitere Ereignis füllt das Fass. Das Ansprechen des Konfliktes ist hier zwar möglich, aber es ergibt sich keine Gelegenheit dazu, bis der „Point of no return“ erreicht ist. Ist dieser überschritten, ist es nicht mehr möglich, in Ruhe über den Konflikt zu sprechen. Um die Fassung nicht zu verlieren, beißt man die Zähne zusammen und geht einem Gespräch konsequent aus dem Weg. Da sich nichts ändert, kommen weitere Vorfälle dazu, das Fass füllt sich weiter. Beim Überschreiten der nächsten imaginären Grenze gibt es drei Möglichkeiten: Explosion, Implosion oder Chronifizierung des Konfliktes.

  • Explosion: Das Fass ist endgültig übergelaufen. Sie schreien sich an, werfen Anschuldigungen hin und her und lassen Ihren Dampf ab. Oft folgen im Anschluss Floskeln wie „Der beruhigt sich schon wieder", „Ich hatte einen schlechten Tag“ oder „Schwamm drüber“, um die Explosion zu rechtfertigen. Zu jeder Explosion gehört es aber, im Anschluss darüber zu reden. Fällt dieses Gespräch aus, kann der Konflikt wieder ansteigen und die nächste Explosion folgt.

  • Implosion: Im Falle einer Implosion zieht sich eine Konfliktpartei nach dem Motto „Dieser Mensch ist für mich gestorben“, gänzlich zurück. Der Konflikt ist dann zwar erkaltet, aber nicht gelöst. Sie begegnen sich neutral und sachlich, manchmal sogar (über)höflich, aber kalt. Echte Zusammenarbeit ist so nicht mehr möglich.

  • Chronifizierung: Unterdrücken Sie Ihre Gefühle, um eine Explosion zu vermeiden, kann es auch passieren, dass der Konflikt chronisch wird. Obwohl es nie zu einem „Knall“ (Explosion) kommt, halten unterschwellige Sticheleien trotzdem an. So ein festgefahrener Konflikt kann nur dann entstehen, wenn sich die Konfliktparteien weder ausdrücken können (oder dürfen) noch flüchten können.
     

Das Modell zeigt, wie komplex Konflikte sein können und wie wichtig es ist, diese im Team schnellstmöglich zu klären und ihnen vorzubeugen.

Doch wie sieht effizientes Konfliktmanagement aus? Als Führungskraft haben Sie die Aufgabe, Konflikte in Ihrem Unternehmen zu lösen, um ein positives Arbeitsklima zu schaffen und erfolgreiche Zusammenarbeit zu gewährleisten.

Ist der Konflikt einmal in der Welt, unterscheidet die Theorie mindestens vier Strategien, um damit umzugehen:

1) Entscheidung von oben (Machtwort)

In diesem Fall wird eine Entscheidung zur Sachfrage durch eine hierarchische Position getroffen. Ein Vorteil besteht in der unmittelbaren Umsetzung und Klarheit der Entscheidung in der Sache. Riesiger Nachteil: Die Beziehungsklärung der am Konflikt Beteiligten bleibt unerledigt. Das wiederum birgt das Risiko der Entstehung neuer Konflikte, da die betroffenen Personen nicht in die Entscheidung mit eingebunden wurden. Zudem bleibt ein Lernprozess aus und die Konfliktlösekompetenzen werden nicht gefördert (Hauser, 2014). Im Gegenteil: Wer so vorgeht nimmt in Kauf, dass sich auch in anderen Konfliktfällen alle erwartungsvoll an die obere Instanz wenden, damit der Konflikt vermeintlich beendet wird.

2) Mediation

Diese Methode der Konfliktbewältigung hat in den letzten Jahren immer mehr Anklang gefunden: Sie kostet sehr viel Zeit und noch mehr Geld. Es handelt sich hierbei um ein gesetzlich im Mediationsgesetz verankertes Schlichtungsverfahren, in dem die Konfliktparteien - mithilfe eines professionellen Mediators - versuchen, eine gemeinsame Lösung zu finden. Der Mediator unterstützt auf Basis psychologischer oder juristischer Betrachtung und sorgt aufgrund seiner externen Rolle für eine gewisse Neutralität und für Vertrauen bei den Konfliktparteien.

3) Konfliktcoaching

Hier wird das konfligierende Team in Gänze über einen längeren Zeitraum von einem internen oder externen Coach begleitet. Voraussetzung für diese Möglichkeit der Konfliktlösung ist zum einen, dass genügend Zeit besteht und zum anderen, dass eine Passung zwischen dem Coach und den Konfliktteilnehmern besteht. Letzteres beinhaltetet eine Unvoreingenommenheit seitens der Konfliktteilnehmer gegenüber dem Coach. Auch hier nehmen Entscheider neben der Zeit auch Geld in die Hand und müssen den Coachingprozess über die Dauer kommunikativ absichern, um von der Wirkung profitieren zu können.

4) Konflikttraining

In Seminaren oder Workshops erlernen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen, wie sie selbst Konflikte erkennen, ihnen vorbeugen und sie konstruktiv lösen können. Ein Vorteil dieser Methode besteht darin, dass eine große Anzahl an Mitarbeitern - unabhängig von der gegenwärtigen Konfliktsituation(!) - in ihrer Kompetenz im Umgang mit Konflikten geschult werden können – und dies auch präventiv. Hier ist das zeitliche Invest überschaubar und Entscheider begünstigen eine Kultur des Vertrauens und der Akzeptanz: Sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fähig und bereit, sich dem Thema Konflikte im Team zu stellen und sie zu bearbeiten, sinkt die Notwendigkeit eines Eingriffs durch die Führungskraft.

Bei diesen vier Strategien handelt es sich um Beispiele des Konfliktmanagements. Jede Methode beinhaltet für sich konkrete Handlungsempfehlungen und Techniken, die es dann auch umzusetzen gilt.

Welche Strategie Sie dabei wählen, ist abhängig von verschiedenen Variablen: Um welche Art von Konflikt handelt es sich, wie angespannt ist der Konflikt bereits, wie viel Aufwand wollen Sie investieren oder sind Sie vielleicht selbst in den Konflikt involviert?


Konflikte zu managen ist, wie Sie sehen, eine komplexe Aufgabe, da Sie als Führungskraft auf die individuellen Konfliktsituationen angemessen reagieren müssen. Dass dies nicht immer einfach ist und von vornherein gelingt, ist völlig normal. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie bräuchten noch Unterstützung im Bereich des Konfliktmanagements, kommen Sie auf uns zu, wir helfen Ihnen gerne.

Zum Schluss möchten wir Ihnen gerne noch eine Sache mit auf den Weg geben: Betrachten Sie Konflikte nicht grundsätzlich als etwas Negatives. Aus Sicht der Systemtheorie sind Konflikte in Gruppen systemimmanent, da Systeme nach einem Gleichgewicht streben. Es gibt folglich keine Organisation und keine Gruppe ohne Konflikte. Sie gehören zu unserem Arbeitsleben dazu. Umso wichtiger ist es, die positiven Seiten von Konflikten zu beleuchten:

Konflikte dienen dazu, Probleme zu erkennen, Verluste zu minimieren, Schwachstellen zu finden und eine Weiterentwicklung voranzutreiben. Sie fördern die gemeinsame Diskussion und können, bei erfolgreicher Bewältigung, die Gemeinschaft im Team sogar stärken!

Konfliktmanagement ist nur ein Teil dessen, was Zusammenarbeit in Teams fordert. In unserem neuen e-Learning-Modul „Zusammenarbeit gestalten und entwickeln in Teams“ beleuchtet wir die vielen verschiedenen Facetten der Teamarbeit und zeigen Ihnen, wie man Zusammenarbeit gestalten und ein erfolgreiches Team führen kann.

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Vielen Dank für Ihr Interesse und bis zum nächsten Mal,
Rabea Seiler mit Prof. Dr. Pamela Luckau für Keller Partner

 

Bildquelle: Foto von Mohamed _hassan auf Pixabay

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