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Jenseits der Routine
Dr. Sandra Dentler31.10.2025

Jenseits der Routine

Wie Mut zum Experiment Lernen lebendig macht. 

 

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4:10

 

Liebe Leserinnen und Leser,

Lernen ist Bewegung. Es beginnt dort, wo wir das Bekannte hinter uns lassen.
Wer lediglich wiederholt, was er bereits beherrscht, bleibt zwar auf sicherem Terrain, doch Stillstand ist die Folge. Wirkliches Lernen erfordert Mut: den Mut, Neues auszuprobieren, Irritationen zuzulassen und Ungewissheit als Chance zu begreifen.

Entwicklung geschieht nicht durch Routine, sondern durch Neugier. Sie entsteht, wenn wir uns bewusst und reflektiert auf Experimente einlassen, mit offenem Geist. Lernen ist dabei keine punktuelle Handlung, sondern eine innere Haltung und die Bereitschaft, sich immer wieder auf Veränderung einzulassen sowie das eigene Wissen infrage zu stellen.

 
Wo Lernen wirklich stattfindet

Die Lernforschung zeigt seit Langem: Nachhaltiges Lernen entsteht dort, wo kognitive Anstrengung gefordert ist, an der Schnittstelle zwischen dem, was wir bereits wissen, und dem, was wir gerade erst zu begreifen beginnen. Diese Schwelle zwischen Vertrautem und Neuem ist der eigentliche Ort des Lernens. Wer sich hier bewegt, macht Fortschritte, in kontinuierlichen, oft leisen Schritten der Erkenntnis.

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Wir lernen durch Handeln: durch Ausprobieren, das Analysieren von Fehlern, das Hinterfragen von Mustern und das aktive Anwenden von Wissen.

Lernen wird so zu einem Prozess der aktiven Auseinandersetzung mit der Umwelt, ein Zusammenspiel von Denken, Fühlen und Handeln. Es geht nicht um das passive Aufnehmen von Information, sondern um das aktive Konstruieren von Bedeutung.

Lernen verläuft selten linear. Es ist ein Prozess, der Reibung benötigt. 

Eine gewisse Schwierigkeit, in der Forschung als desirable difficulty bezeichnet, aktiviert unser Denken, fördert Reflexion und unterstützt die langfristige Verankerung von Wissen. Denn was mühelos erscheint, bleibt oft oberflächlich und was uns herausfordert, führt zu Tiefe und Transfer.


Lernen als gemeinsame Aufgabe

Was für das individuelle Lernen gilt, ist auch für Organisationen zentral. Denn kollektives Lernen entsteht nicht automatisch, sondern muss bewusst ermöglicht werden. Im organisationalen Kontext bedeutet Lernen weit mehr als bloße Weiterbildung. Es umfasst die Fähigkeit, Wissen kontinuierlich zu erneuern und neue Handlungsoptionen zu erschließen: auf individueller Ebene, im Team und innerhalb der gesamten Organisation. Diese kollektive „Lernfähigkeit als System“ gilt heute als Schlüssel zur organisationalen Resilienz.

Damit Lernen in Organisationen gelingt, bedarf es geeigneter Rahmenbedingungen: Strukturen, die Experimente ermöglichen, Zeitfenster, die Raum für Reflexion schaffen, und eine Kultur, die Fragen fördert und Fehler als Lernquelle begreift.

Denn Lernen ist mehr als das passive Aufnehmen von Information. Es bedeutet, aktiv Bedeutung zu konstruieren, Handlungswissen aufzubauen und bestehende Denkmuster zu hinterfragen.

Lernen im Sinne tiefgreifender Kompetenzentwicklung unterscheidet sich grundlegend vom bloßen Konsum von Information. Erst durch Anwendung, Reflexion und Integration entsteht tragfähiges Wissen.

Lernen lässt sich nicht verordnen, aber gestalten. 

Es entsteht im Dialog, im Austausch und in der gemeinsamen Auseinandersetzung mit komplexen Herausforderungen. Dort, wo Menschen Erfahrungen teilen, Perspektiven öffnen und Annahmen hinterfragen, wächst Lernen – und mit ihm die Fähigkeit, Wandel aktiv zu gestalten.

 

So schaffen Sie aktivierende Lernräume für sich selbst oder für Ihr Team:

  • Planen Sie bewusste Reflexionsphasen ein, z.B. durch kurze Lern-Reviews oder Debriefings.
  • Stellen Sie Fragen wie: „Was lief anders als erwartet und was lernen wir daraus?“
  • Nutzen Sie Lernjournale oder Team-Visualisierungen, um Entwicklungen sichtbar zu machen.
  • Beginnen Sie Meetings mit der Frage: „Was war unser wichtigster Lernmoment in dieser Woche?“
  • Etablieren Sie kurze Austauschformate wie Feedbackrunden.
  • Machen Sie auch gescheiterte Versuche sichtbar, z. B. durch ein „Aha! des Monats“-Board.

 
Lernen heißt, Perfektion loszulassen

Echter Fortschritt beginnt dort, wo der Anspruch auf Perfektion endet und Erkenntnis möglich wird. Lernen ist kein linearer Aufstieg, sondern ein zyklischer Prozess aus Neugier, Irrtum und Einsicht.

Organisationen, die diesen Geist leben, integrieren Lernen selbstverständlich in ihre Kultur. Sie wissen: Entwicklung ist kein Nebeneffekt, sie ist der zentrale Antrieb.

Denn Lernen ist kein Zustand, den man erreicht. Es ist ein fortwährender Prozess der Bewegung, des Zweifelns und der Erkenntnis. Und diese Bewegung beginnt – wie alles, was Wachstum ermöglicht – mit einem einfachen, mutigen Schritt: dem Schritt hinaus aus der Komfortzone.

Ihre Dr. Sandra Dentler

 

 

Bildquelle: Foto von Freepik

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Dr. Sandra Dentler

Ich bin Research Professional bei KellerPartner und kümmere mich um die wissenschaftliche Recherche für Projekte und unser Wissensmanagements. Den praktischen Blick erhalte ich durch meine konzeptionelle Mitwirkung an Kundenprojekten.

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