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Prof. Dr. Daniel Keller25.6.2019

Entwicklung im Wandel

Lebenslanges Lernen in Alltag und Beruf 

 

Liebe Leserinnen und Leser,

können Sie sich noch an Ihre Schulzeit erinnern? Zwischen Schulstress und Vorfreude auf die Zeit nach der Schule rief man uns zu „Man lernt nie aus“ und wohl die meisten unter uns haben das als abgedroschenen Spruch wahrgenommen. Dabei ist da was dran an diesem Spruch, denn Menschen entwickeln sich ein Leben lang weiter, ob privat oder beruflich. Heute werfen wir einen Blick darauf, wie genau Menschen lernen, wie sich die Lernfähigkeit des Menschen über seine Lebensspanne entwickelt und wie wir vor allem im Kontext des Lernens im Beruf daraus wichtige Implikationen für die Praxis der Förderung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewinnen können.

Grundsätzlich lernen Menschen auf drei verschiedene Arten: durch klassische Konditionierung (Verknüpfung von zwei eigentlich nicht zusammengehörigen Reizen), operante Konditionierung (Verstärkung oder Abschwächung bereits vorhandenen Verhaltens) oder durch Modelllernen (Abschauen von anderen Menschen).


Vor allem in jüngeren Lebensaltern neigen wir dazu, per Modelllernen Eigenschaften und Fähigkeiten von unseren Vorbildern mitzunehmen und so zu wachsen. Auch wenn dies im Erwachsenenalter nachlässt, so kann auch z.B. ein Großvater noch per Modelllernen etwas von seinem Enkel aufnehmen. Der Enkel könnte ihm beispielsweise den Umgang mit einem Tablet näherbringen.

Das Tolle am Lernen ist, dass es nicht ausschließlich bewusst erfolgt, sondern teils auch implizit und „ganz nebenbei“. Dies nennt man inzidentelles Lernen, also im Grunde genommen zufälliges Lernen. Dies drückt die Fähigkeit von Menschen aus, nur beiläufig wahrgenommene Inhalte zu verarbeiten und zu speichern. Das funktioniert vor allem dann gut, wenn das Individuum eine hohe Informationsverarbeitungskapazität besitzt, und wenn es sich für das inzidentell dargebotene Thema auch interessiert! Ein Mensch, der sich sehr für Geschichte interessiert, lernt somit im Geschichtsmuseum mehr beiläufig als jemand, der gar kein Interesse dafür zeigt.

Was nun auffällt:

 

Bei allen Arten des Lernens, ob explizit oder beiläufig, spielt die Verarbeitungsgeschwindigkeit und die generelle Aufnahmefähigkeit sowie das Gedächtnis des Individuums eine große Rolle.


Wie entwickeln sich Menschen diesbezüglich? Und welche Implikationen hat das auf das Lernen und Weiterbildungsmaßnahmen?
Generell kann man feststellen, dass die kognitive Leistung eines Menschen im Alter absinkt. Durch Alterungsprozesse des Gehirns sinken die Verarbeitungsgeschwindigkeit und die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses, außerdem kann die Aufmerksamkeit nicht mehr so gut fokussiert werden und es treten vermehrt Ermüdungseffekte auf. Wichtig dabei ist allerdings eine genaue Differenzierung: Alterungseffekte zeigen sich vor allem in handlungsbezogenen Kontexten, in denen z.B. eine schnelle Reaktionsfähigkeit gezeigt werden muss. In verbal-deklarativen Kontexten kompensieren ältere Menschen oft mit ihrer immensen Erfahrung. Der wichtigste Faktor generell ist aber — wie so oft — die persönliche Einstellung. Schlechtere kognitive Leistungen gehen sehr häufig einher mit negativen Selbstwirksamkeitserwartungen sowie mit Stereotypisierung durch andere, meist jüngere Kolleginnen und Kollegen. Überspitzt formuliert: „Nein, gib der mal lieber kein komplexes Projekt mehr, die ist schon alt und vergesslich“.

Es ist von zentraler Bedeutung, diesen Prozessen entgegenzuwirken! Eine signifikante Verschlechterung hin zu deutlich reduzierter Leistungsfähigkeit tritt nämlich erst wesentlich später auf als man denken würde. Erst ab ca. 60 bis 65 Jahren werden Alterseffekte wirklich spürbar. Handlungsbedarf besteht dennoch: Das Fördern von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im mittleren Alter der Erwerbsfähigkeit sollte hohe Priorität haben. Hierbei sollte eine ehrliche und gezielte Analyse stattfinden: Wo finden sich Bereiche, in denen ich merklich abgebaut habe? Kann ich andere Bereiche antizipieren, die Förderung bedürfen und präventiv einwirken? Welchen Lebensstil führe ich? Wie sieht meine Tätigkeit am Arbeitsplatz aus?

Als besonders wirksam erwiesen haben sich folgende Faktoren: Ein aktiver und geselliger Lebensstil, eine hohe Grundbildung, eine komplexe und herausfordernde Arbeitsumgebung und vor allem: Spezifisches Training einzelner Ressourcen!


Im Unternehmenskontext können wir also an zwei Stellschrauben drehen: Wird die Arbeitsgestaltung so betrieben, dass monotone, wenig herausfordernde Tätigkeiten minimal vertreten sind und stattdessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (in jedem Lebensalter) komplexe und spannende Aufgaben angeboten werden, die Anregungsgehalt haben, kann so dem kognitiven Verfall spürbar entgegengewirkt werden. Ein Beispiel für den industriellen Kontext: Ein Arbeiter, der in der Fertigung am Band steht, könnte auch Aufgaben der Qualitätssicherung übernehmen, z.B. durch Messung und Prüfung der Teile und anschließende Neukalibrierung der Maschinen.

Die zweite große Rolle fällt der Personalentwicklung zu: Vor allem Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im mittleren Alter profitieren von vielfältigen und gezielten Weiterbildungsangeboten. Als Faustregel gilt:

Eine Ressource, die nicht verwendet wird, verkümmert mit der Zeit.


Kann der oder die Angestellte mehrere Ressourcen durch Training gezielt weiterentwickeln oder verlorene Ressourcen dadurch kompensieren, bleibt seine Leistungsfähigkeit erhalten bzw. steigt sogar ob seiner Erfahrung. Weiterhin steigt sein Potenzial, inzidentell zu lernen mit dem Interesse am Themengebiet. Sie könnten daher z.B. Umfragen starten, welche Themen in künftigen Weiterbildungen behandelt werden sollen. So garantieren Sie Interesse!
Bei Keller Partner ist uns lebenslanges Lernen und die Förderung der Belegschaft wichtig. Lernen geschieht in heutiger Zeit mehr und mehr digital und bietet somit völlig neue Möglichkeiten der Weiterentwicklung. Wir arbeiten daher mit einer Blended- und Mobile Learning Ansätzen, die wir maßgeschneidert für unserer Kunden aufsetzen. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

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Vielen Dank für Ihr Interesse!
Prof. Dr. Daniel Keller für Keller Partner

 

Bildquelle: Foto von Freepik

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