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Prof. Dr. Daniel Keller25.4.2022

Remote Work

Was tun, wenn niemand zurück ins Büro will?

 

Liebe Leserinnen und Leser,

nach mehr als zwei Jahren Homeoffice sind leere Büroräume nun nichts ungewöhnliches mehr. Während sich der Berufsalltag vieler Angestellter in die eigenen vier Wände verlagert hat, beschäftigen sich die Arbeitgeber schon damit, wie die Zukunft des Arbeitsplatzes aussehen wird. Zurück ins Büro, eine Hybrid-Version oder doch lieber weiter zu Hause im Homeoffice bleiben? Sicherlich stellen auch Sie sich dabei die Frage, welcher Ansatz am fairsten ist und am ehesten zum Erfolg führt. Eines können wir Ihnen nun schon zu Beginn versichern: Sie sind mit Ihren Sorgen nicht allein. Unzählige Unternehmen stehen vor derselben Frage: Was soll ich machen, wenn niemand ins Büro zurückkehren will? Genau dieser Frage widmen wir unseren diesmonatigen Beitrag und fassen für Sie zusammen, was Experten zu diesem Thema raten.

Auf Seiten vieler Angestellter ist klar – sie wollen nicht mehr als nur gelegentlich ins Büro zurückkehren. Viele sehen die Arbeit von zu Hause als enorme Erleichterung und sind der Meinung, dass ihre Produktivität während der Pandemie für die Beibehaltung des Arbeitens im Homeoffice spricht. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen während der Pandemie neue „Remote-Mitarbeiter“, die vollständig von zuhause arbeiten, eingestellt haben. Diese haben nun nicht die Absicht, umzuziehen und regelmäßig ins Büro zu kommen. Die Führungskräfte werden dadurch vor ein weiteres Problem gestellt, und zwar der Rechtfertigung, warum ggf. nur ein Teil der Mitarbeiter wieder ins Büro kommen soll. So sitzen diejenigen, die die Mühe des Pendelns ins Büro auf sich nehmen, regelmäßig mit Kopfhörern an ihrem Schreibtisch und nehmen an Online-Meetings mit ihren Kollegen von Zuhause teil. Wie Sie sich vorstellen können, trifft das nicht selten auf Unverständnis.

Auch die Experten sind sich uneins, was die beste Lösung für diese Probleme darstellt. Nicholas Bloom, Professor an der Stanford Business School, der sich seit Jahren mit dem Thema Fernarbeit beschäftigt, ist skeptisch gegenüber einer gemischten, uneinheitlichen Form der Rückkehr ins Büro, bei denen einige Mitarbeiter ausschließlich von Zuhause arbeiten und andere aber regelmäßig ins Büro kommen müssen. „Stellen Sie sich vor, wir sind fünfzehn Mitarbeiter in einem Team – fünf sind vollständig remote (also von zuhause arbeitend) und zehn sind hybrid und kommen drei Tage pro Woche für die hybride Arbeit – das ist unglaublich frustrierend“, sagt Bloom. „Jedes Mal, wenn man eine Teambesprechung hat, sitzt man über Zoom im Büro mit den fünf Leuten, die remote arbeiten, und es ist ziemlich offensichtlich, dass man ein zweigeteiltes System bekommt.“

Blooms Rat lautet daher wie folgt:

  • Verfolgen Sie einen hybriden Ansatz und erstellen Sie eine einheitliche Regelung, bei der alle Mitarbeiter standardmäßig z.B. dienstags bis donnerstags ins Büro kommen. Untersuchungen haben ergeben, dass die Produktivität dabei nur wenig bis gar nicht beeinträchtigt wird und dass sich die Kultur, die Beziehungen und die Innovationsfähigkeit durch persönliche Anwesenheit verbessern. Außerdem schätzen die Mitarbeiter eine solche Flexibilität als Äquivalent zu einer Gehaltserhöhung von 8-10 Prozent.

  • Für die Remote-Mitarbeiter besteht die Möglichkeit ihnen eine gewisse Zeit zu geben, um dorthin umzuziehen, wo sie Teil des hybriden Arbeitsplans sein können.

  • Für diejenigen Remote-Mitarbeiter, die gut arbeiten und damit einverstanden sind, nicht befördert zu werden, kann das System so beibehalten werden.

  • Neue Remote-Mitarbeiter sollten Sie nicht mehr einstellen.

Lynda Gratton, Professorin an der London Business School meint, dass Unternehmen sich auf die verschiedenen Arten von Arbeit konzentrieren müssen, die ihre Mitarbeiter verrichten, und darauf, welche Arten von Arbeit von der Anwesenheit in einem Büro profitieren. Gratton unterteilt Arbeit dabei in konzentrierte Arbeit, Koordinationsarbeit und kooperative Arbeit:

  • Konzentrierte Arbeit (z.B. das Verfassen eines Memos) und Koordinationsarbeit (z.B. Projektmanagement) können von Zuhause allein erledigt werden.

  • Kooperatives Arbeiten dagegen profitiert von der Anwesenheit und der Face-to-Face Zusammenarbeit im Büro.

Gratton verweist dabei auf BT, ein britisches Telekommunikationsunternehmen, bei dem dieser Ansatz schon seit Jahren funktioniert. Zudem betont sie einen weiteren Aspekt – das Gehalt. Die Angestellten fordern als Ausgleich für die Rückkehr ins Büro, mehr Geld. Unternehmen, die es vorziehen, dass ihre Mitarbeiter die ganze oder die meiste Zeit im Büro sind, müssen angesichts der flexiblen Möglichkeiten, die ihnen die Konkurrenz bietet, möglicherweise mehr zahlen, um sie einzustellen und zu halten.

Für Katie Burk, Chief People Officer bei HubSpot, ist die Flexibilität der Mitarbeiter auch nach der Rückkehr ins Büro entscheidend. HubSpot experimentiert seit Monaten mit Hybrid- und Remote-Arbeit und verlangt von seinen Mitarbeitern im Allgemeinen keine Anwesenheit im Büro. Sie haben sich für einen multimodalen Ansatz entschieden.

Ihr Rat für die Bewältigung der Probleme, die wir zu Beginn skizziert haben, lautet:
Erzwingen Sie es nicht! Mitarbeiter bevorzugen die Wahl ihres Arbeitsortes. Diese Flexibilität müssen Sie sich zu eigen machen – auch wenn es komplizierter ist.

Die Strategie von HubSpot umfasst drei wesentliche Komponenten:

1. Enablement (Befähigung): Unterstützen Sie ihre Angestellten mit entsprechender Ausstattung und der Nutzung verschiedener Tools, um das Arbeiten von Zuhause zu ermöglichen.

2. Experimentation (Experimentieren): Veranstalten Sie virtuelle Treffen, bei denen sich Mitarbeiter aus verschiedenen Teams kennenlernen können, um ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu schaffen. Zudem zählt hierzu die Erkenntnis, dass nicht alles beim ersten Mal richtig laufen kann und dass sich die Ansätze weiterentwickeln müssen. Seien Sie kreativ!

3. Empathy (Einfühlungsvermögen): Hierzu zählt die besondere Unterstützung verschiedener Gruppen, wie alleinerziehender Eltern, denen mehr Flexibilität bei der Zeitplanung, dem Standort und der Kinderbetreuung zugestanden werden soll.

Wie Sie sehen, unterscheiden sich die drei Ansätze der Experten nicht unwesentlich. Ein wichtiger Konsens der Experten – und für Sie eine erste wesentliche Überlegung – besteht jedoch in der Notwendigkeit, die Arten von Arbeit, die Menschen im Büro am besten erledigen können, klar zu identifizieren – hier handelt es sich vor allem um die Zusammenarbeit im Team, also um die Arbeit, die Gratton als kooperativ bezeichnet. Zudem sollten Sie sich eines immer wieder vor Augen führen:

Versuch und Irrtum muss es geben, um zu einer Lösung zu gelangen. Auch da sind sich die Experten einig.


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Wir bedanken uns für Ihr Interesse!
Rabea Seiler mit Prof. Dr. Daniel Keller für Keller Partner

 

Titelbild: Foto von Marc Mueller auf Pexels